Wirtshausszene: 6 Menschen sitzen und stehen um einen Tisch. Links spielt ein Mann auf einer Harfe. Hinter ihm steht eine ältere Frau. Zwei Männer am Tisch spielen Karten. Ein weiterer sitzender Mann blickt auf eine Frau, die rechts von ihm steht. Er hat seine Hand um ihre Hüfte gelegt. © Wien Museum, Altwiener Kellerwirtshaus, Georg Emanuel Opitz, 1803.

Die Ge­heim­spra­che der Aus­sät­zi­gen:

Rot­welsch

Rotwelsch wird seit dem Mittelalter von Räubern, Prostituierten, Händlern und Handwerkern gesprochen. Es ist die Sprache von Gaunern und Unterdrückten. Und sie hat Witz.

In einem Wirtshaus in Württemberg: Zwei Gauner tauschen sich über einen möglichen Einbruch in „e‘ grandiger Socht“ aus – gemeint ist: ein großes Geschäft. Sie sind sich sicher: „der ist dof zmalochet“ – das heißt: Es zahlt sich aus, das Geschäft auszurauben. Sie unterhalten sich in Rotwelsch, der geheimen „Gaunersprache“. Trotzdem befürchten sie belauscht zu werden. Sie haben einen Kaufmann an einem Nachbartisch unter Verdacht, weil er sie so groß ansieht – weil er „uns so grandig anlenzt“. Hastig zahlen die beiden und verlassen das Wirtshaus.

In unterschiedlichen Varianten kommt Rotwelsch bis heute im gesamten deutschen Sprachraum vor. Räuber planen so den nächsten Diebstahl: ihren „Genew“. Bettler tauschen sich darüber aus, wo sie etwas „schnurren“ können. Und Fahrende erzählen sich, wo es etwas zu „zotteln“ gibt – zu trinken. Viele Begriffe stammen aus dem Jiddischen, dem Romani oder dem Jenischen. Auch französische und italienische Worte sind Teil der Geheimsprache. Zur Rotwelsch-Kultur gehört es, auf schwierige Situationen mit Witz zu reagieren. Wenn jemand in Handschellen gelegt wird, so erhält er einen „Schmuck“ oder „Achter“.

Im Rotwelsch wird mit Witz auf schwierige Situationen reagiert. © Wikimedia, Gevangenen in kerker Genretaferelen, Cornelis de Wael, zwischen 1630 und 1648.

„Schindersprache“

Manchmal wird Rotwelsch auch so genannt. Denn viele Schinder beherrschen die Sprache. Sie verarbeiten Tierkadaver und gelten Jahrhunderte lang als unrein. Sie werden von den meisten Menschen gemieden. Daher sind sie Teil der Rotwelsch-Kultur.

Händler und Handwerker auf Wanderschaft verständigen sich ebenfalls mithilfe von Rotwelsch. Es ist eben auch eine Sprache der Reisenden. Sie wird aber nicht nur fürs Geschäft verwendet. Der Kaufmann Gottfried Tobias Ritter beschwert sich 1784, dass es in seiner Ehe mit dem Liebesleben nicht so recht klappt. In sein Tagebuch schreibt er: „Abermal eitle nafz, nost mer aach uf befihl, aber met eitel Chariro.“ Übersetzt: „Abermals nur Küsse, sie küsst mich auf Befehl, aber nur mit Kälte.“

Zeitstrahl 1500. © wasbishergeschah.at