1814, nachts am 31. August in Großsiegharts. Im Dunkeln versuchen drei Männer ein Fenster an der Rückseite des Geschäfts von Tuchhändler Loidoldt mit Hölzern aufzubrechen. Ächzend stemmen sich die Räuber Grasel, Gams und Fuchs gegen die Holzbalken.
Unter der Spannung zittert das Holz. Endlich ein Ruck: Das eiserne Fenstergitter gibt nach und kracht auf den Boden. Jetzt geht alles schnell. Zwei der Räuber klettern in das Haus. Sie greifen alles, was ihnen unter die Finger kommt. Seide, Silbermünzen und Leinen werden nach draußen gereicht. Mit drei großen Bündeln Beute ziehen sie ab.
Grasel und seine Komplizen erbeuten vom Tuchhändler Loidoldt in dieser Nacht Diebesgut im Wert von 5.343 Gulden. Das entspricht heute etwa 113.000 Euro. Es sind Raubzüge wie dieser, die Johann Georg Grasel schon zu Lebzeiten zu einer Legende machen. Über 200 Verbrechen können ihm heute zugeordnet werden.
Ein Mythos entsteht um die Person Grasel. Balladen und Tänze werden dem Räuber gewidmet. Die Literatur verklärt ihn zum Waldviertler Robin Hood. Hundert Jahre nach Grasels aktiver Zeit als Bandit schreibt der Schriftsteller Friedrich Anton von Schönholz: „Mord war streng verboten; die Sicherheit der Landstraßen, der Reisenden sollte nicht angetastet werden, dem Armen beigestanden, dagegen Schlösser und Ämter geplündert werden, hauptsächlich um bares Geld.” Nichts davon stimmt.