Männliche und weibliche Playmobilfiguren unterschiedlichen Alters stehen versetzt in einer Reihe. Durch den Fokus ist nur ein junges Mädchen erkennbar. Der Rest ist unscharf. © Pixaby

Prin­zes­sin­nen und Bank­räu­ber:

Rol­len­bil­der bei Play­mo­bil

Das beliebte Spielzeug Playmobil strotzt nur so vor Klischees. Es gibt aber Hoffnung.

In einem Kinderzimmer spielt ein Mädchen in rosa Kleidern mit einer rosa Puppe. Daneben stehen ein rosa Regal und ein rosa Schreibtisch, auf dem eine goldene Krone liegt. Das ist kein echtes Kinderzimmer, nein. Es ist das Spiel-Set „Mädchenzimmer“ von Playmobil: „Welches kleine Mädchen träumt nicht von einem echten Prinzessinnenzimmer. Dieses tolle Einrichtungsset macht Prinzessinnenträume wahr!“

Das Playmobil-Mädchenzimmer im „Prinzessinnenstil“ stellt veraltete Rollenbilder nach. © Screenshot von playmobil.at

Kinder lernen und übernehmen Rollenbilder

Pinkifikation oder Gender Marketing wird genannt, was der Hersteller mit diesem Set betreibt. Seit 1974 ist Playmobil am Markt und weltweit erfolgreich. Spielzeugfirmen wie Playmobil drängen den Kindern allerdings klischeehafte Rollen auf. Und das ist ein Problem, denn Kinder lernen Rollenbilder kennen und übernehmen sie. Tatsächlich will das die Firma auch so. Sie bezeichnet ihr Produkt als „Rollenspielzeug“. Kinder sollen Rollen beim Spielen imitieren: Feuerwehrmann sein, Prinzessin sein.

In einem anderen Kinderzimmer: Ein Kind mit kurzen Haaren spielt mit einem Schwert und einem Fernglas. Es trägt eine Augenklappe. Aus seinem Hosenbund ragt eine Pistole und es hat ein Tuch mit einem Totenkopf auf. Die Möbel im Raum sind blau: „Für alle Piratenfans gibt es das farbenfrohe Piratenzimmer. Das Hochbett gleicht einer Piratenfestung mit Strickleiter und Klammeraffe, es gibt eine Schatztruhe mit Gold sowie ein Miniaturschiff, eine Schatzkarte, ein Fass und viele weitere piratenstarke Extras.“ Bis vor kurzem hat das Produkt noch „Jungenzimmer“ geheißen. Der Name ist neuerdings geändert. Mädchen dürfen sich nun also auch angesprochen fühlen.


Das Playmobil-Set Jungen- bzw. Kinderzimmer ist in Blau gehalten. © Screenshots, „Jungenzimmer” 27.6.2022, „Kinderzimmer” 17.12.2022, playmobil.at

Umgekehrt ist das Prinzessinnenzimmer aber anscheinend immer noch nichts für kleine Prinzen. Bereits die Zuordnung der Farben sticht ins Auge: blau für Spielzeug, das für Buben erdacht wurde, auch wenn nun Mädchen ebenfalls damit spielen dürfen; rosa aber jedenfalls für Mädchen. Buben und Mädchen werden bei Playmobil noch ganz andere Dinge zugeordnet. Für Mädchen gibt es glänzenden Schmuck und ein schönes rosa Kleid. Ihnen bietet Playmobil einen Zustand an: schön sein. Für den Jungen sind hingegen Aktivität und Abenteuer reserviert. Dazu gehört auch die Ausstattung mit Waffen. 

Seit Jahrzehnten bei Playmobil 

Fragwürdige Rollenzuweisungen an Buben und Mädchen gibt es in den Sets von Playmobil seit Jahrzehnten. Ein Blick auf die Produkte aus dem Jahr 1990 zeigt das: In einem Freizeitpark spielen ein blau angezogener Junge und ein rosa angezogenes Mädchen. Ein anderer Bub ist unterwegs im Wilden Westen und ein Mädchen steht chic angezogen vor einem Puppenhaus. 

Bei Playmobil in die Schule gehen. © Pixaby

Solches Spielzeug erzeugt beim Spielen problematische Rollenbilder in den Köpfen der Kinder. Sie bremsen Bemühungen um Gleichberechtigung. Deshalb ist die Kritik berechtigt. Es kann nicht die Rolle von Frauen sein, das (Puppen)Haus schön und sauber zu halten, während Männer ins Abenteuer ziehen.

Es gibt Hoffnung

Auch bei Playmobil gibt es immerhin Anzeichen für einen Wandel. Eines davon ist eben, dass die Firma das „Jungenzimmer“ in „Kinderzimmer“ umbenannt hat. Und schon seit 1997 hat die Firma „starke Frauen“ im Repertoire, etwa eine Polizistin. Das Set „Designerküche“ liefert als einzige Spielfigur einen kochenden Mann mit. Das zeigt Veränderung, aber auch ihre Grenzen. Das gilt für das Spiel wie für den Alltag und das Berufsleben, die von Playmobil nachgebaut werden: Wenn schon Mann plus Kochen, dann muss die Küche mehr bieten als einen Schauplatz für die alltägliche Versorgung.

Das Spiel-Set „Banküberfall“ ordnet sich in diese Entwicklung ein: Mit Sonnenbrille, aufgestelltem Kragen und der Knarre in der Hand überfällt eine Frau gerade eine Bank. Ängstlich reicht der Bankangestellte der Räuberin die Geldscheine. Ohne pinke Sneakers geht es bei dieser weiblichen Spielfigur trotzdem nicht.


© wasbishergeschah.at

Weiterführend

Hanna Köpper/Sacha Szabo, Playmobil® durchleuchtet : wissenschaftliche Analysen und Diagnosen des weltbekannten Spielzeugs, Marburg 2014.