Ein altmodischer Lastwagen steht vor einem Haus. Ein Mann sitzt am Steuer. Ein zweiter Mann steht auf der Ladefläche. Er trägt einen Tropenhut und hat eine Posaune in der Hand. Der Wagen ist mit Hakenkreuzflaggen und Tannenzweigen geschmückt. Auf der Ladefläche sind außerdem drei Schilder in Form einer Treppe angeordnet: „Ohne Kolonien keine Rohstoffe”, „OHNE ROHSTOFFE KEINE ARBEIT” und „KOLONIEN HERAUS”. Am untersten ist ein zusätzliches kleineres Schild angebracht: „Frauenbund der Deutschen Kolonial-Gesellschaft Abteilung Tailfingen”. Auf dem obersten Schild steht ein rundes Holzschild mit einem Durchmesser von ungefähr 2,5 Metern. Darauf ist eine Karte von Afrika zu sehen. Togo, Kamerun, Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Südwestafrika sind hervorgehoben. Daneben ist vergleichsweise klein das Deutsche Reich in den Grenzen von 1933 zu sehen. © Wikimedia, Werbung der Deutschen-Kolonialgesellschaft, Rückgewinnung ehemaliger Kolonien in Afrika, 1933.

Good­bye

Deutschland!

Hunderte Frauen werden in die deutschen Kolonien geschafft, um Siedler zu heiraten. Sie sollen „Mischehen“ zwischen Weißen und Schwarzen verhindern. Viele der Frauen erhoffen sich durch die Auswanderung ein freieres Leben.

Familie Heidtke wandert in der TV-Serie „Goodbye Deutschland“ nach Südafrika aus. Ihre Motivation: Die Heidtkes wollen sich dort eine neue Existenz aufbauen. Eine „Pure Nature Lodge“ für Reisende soll das benötigte Geld bringen. In Südafrika trifft der Traum auf die Realität. Die Pandemie und eine Heuschreckenplage haben die beiden nicht kommen sehen. 

Die Idealisierung Afrikas hat eine lange Tradition. Bis 1919 sind die Kolonien für viele Deutsche ein Sehnsuchtsort. Gerade Frauen träumen von einer Zukunft in der Ferne. Sie erhoffen sich als „Farmersfrauen“ ein Leben mit mehr Freiheiten. In den Kolonien soll es mehr Wertschätzung für ihre Arbeit geben. Vielleicht ist sogar ein eigenständiges Leben neben der Ehe möglich? 

Viele junge Frauen stellen sich die Kolonien als Paradies vor. © Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Mädchen-Ausreise. Ankunft der Mädchen aus Keetmannshoop. Aus: Else Frobenius, 10 Jahre Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft. Festschrift zum 11. Juni 1918, 1918.

Die Auswanderungen sind ein politisches Projekt. Der „Deutschkoloniale Frauenbund“ vermittelt ab 1907 über 500 unverheiratete Dienstmädchen nach Südwestafrika. Sie sollen deutsche Siedler heiraten und dadurch die „Frauenfrage“ lösen. Heute verbinden wir mit diesem Begriff den Kampf für Gleichberechtigung. In den deutschen Kolonien bezeichnet er etwas völlig anderes: Für die weißen Siedler gibt es zu wenig weiße Frauen.

Die Vorstände des Frauenbundes waren häufig noch nie selbst in den Kolonien. © Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Gruppenbild von der Hauptversammlung des Frauenbundes der deutschen Kolonialgesellschaft. Aus: Else Frobenius, 10 Jahre Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft. Festschrift zum 11. Juni 1918, 1918.

 Emanzipation in den Kolonien?

In den Kolonien sind außereheliche Verbindungen, Prostitution oder Vergewaltigungen häufig. Die Kolonialherren fürchten aber vor allem sogenannte „Mischehen“ zwischen weißen Kolonisatoren und schwarzen Frauen. Die Zeitung des „Frauenbundes“ benennt, was man sich von den Dienstmädchen erhofft: „Das einzige Heilmittel gegen das ‚Verniggern', ‚Verkaffern' oder ‚Verkanakern' liegt im Einfluß der weißen Frau.“

Klar ist für die Kolonisatoren: Menschen mit dunkler Haut sind allen ‚Weißen’ untergeordnet, daher auch ‚weißen’ Frauen. Der Traum von der freien Farmersfrau klammert also aus, dass gleichzeitig die schwarzen Frauen unterdrückt werden. 

An der Spitze der Hierarchie bleiben aber auch in den Kolonien weiße Männer.

Die Hoffnungen der Auswandernden sind deshalb auch damals eine Illusion – ganz ohne Heuschreckenplage. Die Dienstmädchen geben nach der Heirat ihre Arbeit auf und werden Hausfrauen. In den Kolonien haben sie wie im Deutschen Reich kein Wahlrecht.

So stellen sich die Kolonialherren die ideale Familie vor: Arbeitstätiger Mann, Hausfrau und zwei Kinder. © Wikimedia, Barbara Horn, Sergeant der Ksl. Landespolizei von Deutsch-Südwestafrika / Unteroffizier der Kavallerie Lorenz Horn mit Ehefrau Barbara Horn und Kindern Hans und Käthe, 1913/1914.
Zeitstrahl 1907 © wasbishergeschah.at