Die 23-jährige Berta Pölz arbeitet in einem Wiener Rüstungsbetrieb. Ihre antimilitaristische Haltung ist hier schon lange bekannt. Nun sitzt sie bei schwachem Kerzenlicht im Keller. Sie verfasst ein Flugblatt, um zum Streik aufzurufen. Heimlich drucken und vervielfältigen ihre Mitstreiter:innen das Blatt. Die Druckertinte haben sie gestohlen.
Die empörte Arbeiterschaft muss man aber gar nicht erst überzeugen. Schon am nächsten Tag bricht eine Welle von Streiks los. Am 20. Jänner 1918 erreicht die spontane Bewegung ihren Höhepunkt: 750.000 Beschäftigte legen die Kriegsindustrie lahm. Der Jännerstreik bringt die ganze Monarchie ins Wanken.
Schon zuvor hat der Krieg die Versorgungssituation für die Bevölkerung drastisch verschlechtert. Missernten und der eingeschränkte Güterverkehr sorgen für leere Regale. Brot, Zucker, Kaffee und Fett werden nur mehr rationiert ausgegeben.
Es gibt so wenig zu essen, dass die Menschen stark an Gewicht verlieren. Die Mangelernährung wirkt sich auch auf die Körpergröße aus: Wiener Lehrlinge sind im Vergleich zur Vorkriegszeit um durchschnittlich zehn Zentimeter kleiner. Der Hunger treibt die Menschen bald auf die Straße: Frauen und Jugendliche demonstrieren, sie plündern Märkte und Geschäfte. Frauen organisieren auch Streiks. Schon im November lautet die Parole: „Gebt uns den Frieden wieder oder wir legen die Arbeit nieder.“
Im Jänner 1918 werden die Mehlrationen halbiert. Die Stimmung kippt endgültig. Der spontane Ausbruch des Streiks hat Berta Pölz zwar überrascht, aber nun tritt sie als eine der Organisatorinnen der Streikbewegung hervor. Sie verteilt Flugblätter und animiert die Streikenden zur Bildung von Arbeiterräten.
Die Streikbewegung fordert vor allem das Ende des Krieges und eine gerechte Verteilung der Lebensmittel. Wenn es nach Berta Pölz geht, soll der Streik dauern, bis Frieden geschlossen wird. Stattdessen gelingt es der Regierung, den Abbruch des Streiks durchzusetzen.
Trotzdem signalisiert der Jännerstreik den Anfang vom Ende der Monarchie, denn bald folgen Meuterei und weitere Streiks. Im November 1918 bricht das Kartenhaus endgültig zusammen: Der Krieg ist beendet, die Republik Deutschösterreich wird ausgerufen. Bis dahin sind Frauen die treibende Kraft der Bewegung gegen den Krieg. Ihre Not zwingt sie zum Handeln.