Einfache Zeichnung: Zwei Männer und zwei Frauen stehen auf einer Wiese. Es regnet. Die Männer tragen Hüte, die Frauen andere Kopfbedeckungen. Im Hintergrund ist eine ummauerte Stadt zu sehen.  © Bildarchiv Austria, Über Wunderzeichen, Zwei Paare im Freien im Regen, 1500 bis 1599

Ha­gel­schä­den? Nein!

Men­schen in Wol­ken­schif­fen rau­ben die Ernte!

Immer schon suchen die Menschen nach Erklärungen für Klima und Wetter, denn es geht ums Überleben.

Im Jahr 815 oder 816 in Frankreich: Bischof Agobard von Lyon stößt auf eine aufgebrachte Menge. Einige Menschen holen gerade zornig zum Wurf aus. Sie wollen drei Männer und eine Frau steinigen, die sie in Ketten gelegt haben. Sie meinen, dass die vier einem Volk angehören, das in Wolkenschiffen lebt. Dieses magische Volk klaut bei Hagel und Sturm Getreide und andere Feldfrüchte. Die Angeketteten sollen aus einem der Luftschiffe herausgefallen sein.

Im Mittelalter denken viele Menschen, dass hinter Unwettern Hexerei steht. Laut Bischof Agobard glaubt die Bevölkerung in seiner Gegend, dass es Sturmmacher gibt, die über das ganze Land verteilt leben. Priester rufen auf, die Untäter gefangen zu nehmen, um sie zu stoppen. Denn die Sturmmacher arbeiten auf Bestellung. Gegen Bezahlung zaubern sie angeblich Hagel herbei, damit das Volk der Wolkenschiffer die Ernte stehlen und in das Land „Magonia“ bringen kann.

Die Bauern zahlen – aber leider nicht die Kirche

Ganz hilflos sind die Bauern aber nicht. Denn es gibt Sturmmacher, die man als „Verteidiger” beschäftigen kann. Diesen „Verteidigern” zahlen die Bauern Schutzgeld, damit sie ihre Magie einsetzen, um Unwetter abzuwehren.

Der Bischof empört sich über den „absurden Glauben, was Donner und Hagel betrifft“. Er hat für seine Kritik gute Argumente. Wenn die Sturmmacher das Wetter kontrollieren – warum bezahlen die Bauern sie dann nicht dafür, dass sie bei Dürre Regen schicken? Agobard ist überzeugt: Menschen können kein Wetter machen. 

Hagel tritt oft kleinräumig auf. Daher meinen die Menschen, dass Magie im Spiel sein muss. © Bildarchiv Austria, Tacuinum sanitatis: Uentus orientalis, Der Ostwind beugt drei Bäume, 1380 bis 1399

Der Bischof klingt damit wie die Stimme der Vernunft, die den dummen Bauern entgegentritt. Allerdings wissen wir von den angeblichen Überzeugungen der Bauern auch nur deshalb, weil Agobard uns davon berichtet. Und er will sich als derjenige in Szene setzen, der mit logischen Argumenten den Aberglauben bekämpft. Letztlich hat auch er nur eine übernatürliche Erklärung anzubieten: Gott allein kontrolliert das Wetter. Besonders sauer stößt dem Bischof daher auf, dass die Bauern ihr Geld den Falschen geben. Sie sollen doch besser die Kirche zahlen.

Für die Bauern gilt hingegen: Vor der Ernte müssen sie schlechtes Wetter fürchten, nach der Ernte fürchten sie die Forderungen von Kirche und Adeligen, die ihren Anteil haben wollen. Die Ausgaben für die „Verteidiger” vor Stürmen waren also vielleicht auch eine Ausrede; oder die Bauern vertrauen der Kirche nicht genug, dass sie alles auf die Karte des einen Gottes setzen wollen. Magie könnte ja vielleicht auch helfen. Woher sollten sie auch so genau wissen, dass es nichts nützt?