Schwarzer Diener mit Herzogin; Gemälde von François de Troy © Wikipedia

Aufstand

der Diener

In Wien gibt es Randale. Diener von Adeligen revoltieren. Die Polizei macht einen jungen Angolaner zum Sündenbock. 

Wien, August 1704. Ein 20-jähriger Mann, gebürtiger Angolaner, wird am Hohen Markt hingerichtet. In den Worten eines zeitgenössischen Berichtes: „Eodem wurde ein getauffter Mohr Nahmens Jacob Bock” am Hohen Markt „auffgehenckt“.

Begonnen hat alles mit einer Schlägerei. Zwei Lakaien, Diener eines Adeligen, geraten in einem Gasthaus in der Wiener Innenstadt aneinander. Die in der Bevölkerung unbeliebte Stadtpolizei, die Rumorwache, schreitet ein. Die Raufbolde werden festgenommen.

„Lakaientumult“ in der Wiener Innenstadt

Auf dem Weg zur Wachstube formiert sich Widerstand. Eine Menschenmenge solidarisiert sich mit den Verhafteten und attackiert die Wachebeamten. Schließlich flüchten die Polizisten unter Mitnahme ihrer Gefangenen in ein nahegelegenes Gasthaus. Während sie dort auf Verstärkung warten, versuchen „zusammen gerottete Laqueyen [und] ander gemeines Pövel“ die Haustür aufzubrechen. Sie wollen die Verhafteten befreien. Längst geht es nicht mehr nur um die Männer im Polizeigewahrsam. Schon seit geraumer Zeit richtet sich der Zorn der Menschen gegen den Adel, gegen Geistliche und korrupte kaiserliche Beamte, die immer höhere Steuern einheben. Die Festnahme ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Stadtguardia, Rumorwache und Militärpolizeiwache: Die Vorläufer der heutigen Wiener Polizei. © BMI

Jacob Bock – ein früher Sündenbock

Den eingeschlossenen Beamten kommt eine herbeigerufene Gruppe anderer Polizisten zur Hilfe. Die Polizisten beschuldigen als Rädelsführer der Ausschreitungen Jacob Bock. Er hat, wie die anderen auch, Steine gegen die Fenster geworfen und wird nun verhaftet. Abermals kommt die Polizei mit ihren Gefangenen nicht weit. Denn auch die Demonstranten haben sich rasch wieder versammelt. Sie fordern die Herausgabe des jungen Afrikaners. Die Menschenmenge setzt sich durch. Sie kann Jacob Bock befreien und die Polizei in die Flucht schlagen. Ihr Sieg besänftigt die Menge nicht – im Gegenteil, er macht ihr Mut. Die Demonstration zieht über den Graben zum Neuen Markt, wo sie eine Wachstube in Brand setzt. Plötzlich fällt ein Schuss. Er trifft einen 16-jährigen Straßenmusiker, der tot zusammenbricht. Die Situation eskaliert. Militär greift ein und beendet den „Lakaientumult“.

„Ihme zur wohlverdienten Straff, andern aber seines Gleichen zum erspieglenden Exempel und Abscheu“.

© wasbishergeschah.at

Ein unglückliches Ende

Jacob Bock hat sich längst von dem Treiben entfernt. Auf einem Sandhaufen liegend erholt er sich von der Aufregung des Tages. Wachebeamte verhaften ihn erneut. Sie wissen vermutlich, dass ein Schwarzer bei dem Tumult dabei war.

Niemand kann ihm eine Teilnahme an den Ereignissen am Neuen Markt nachweisen. Trotzdem urteilen die Richter, dass Bock den Tumult „hauptsächlich“ verursacht hat. Sie verurteilen ihn zum Tod: „Ihme zur wohlverdienten Straff, andern aber seines Gleichen zum erspieglenden Exempel und Abscheu“.

Urteile werden auf der Terrasse der Schranne, des Gerichtsgebäudes, verlesen. Als Hinrichtungsstätte dienten häufig andere Orte in Wien.  © ÖNB Bildarchiv Austria