Idria, vermutlich im Jahr 1524: Der Arzt Paracelsus besucht ein Bergwerk, in dem seit rund drei Jahrzehnten Quecksilber abgebaut wird. Er beobachtet, was das Metall bei den Menschen im Ort anrichtet: Alle, die hier wohnen, sind „krumb und lahm“ und „leichtlich erstickt“. Den Menschen fallen die Zähne aus, ihre Glieder zittern.
Idria ist damals das zweitgrößte Quecksilberbergwerk der Welt. Es liegt in Innerösterreich im heutigen Slowenien. Gebraucht wird das Quecksilber unter anderem für die Erzeugung von Spiegeln. Vor allem aber wird es in den Kolonien in Amerika benötigt. Dort hilft es in den Bergwerken dabei, Gold und Silber zu gewinnen. Das Quecksilber aus Idria bringt reichen Profit – zunächst für die Unternehmer, die das Handelsmonopol haben. Schließlich wird der Betrieb vom Staat übernommen.
Bergbau verschlingt viel Holz und das Werk in Idria ganz besonders viel. Wald gibt es in Innerösterreich zwar genug. Bergbaubetriebe benötigen aber so viel Holz, dass es sehr teuer wird. Da die Landesfürsten die Einnahmen aus dem Bergbau brauchen, bevorzugen sie die Betriebe bei der Holzvergabe. Der Bevölkerung verbieten sie hingegen, in den Hochwäldern Ziegen zu halten. Die würden nämlich die jungen Bäume fressen. Wo die Bäume fehlen, kommt es öfter zu Muren und Lawinen. Waldordnungen sollen das verhindern. Trotzdem werden Bäume an gefährlichen Stellen gefällt, Menschen sterben bei Lawinenabgängen.
Der Wald ist in Gefahr, aber auch die Gesundheit der Bergleute. Wer Quecksilber gewinnen möchte, muss zuerst aus dem Berg Zinnobererz schürfen. Das wird mit viel Holz erhitzt, in der Asche befindet sich dann das Quecksilber. Dabei entstehen giftige Dämpfe.
Neue Methoden sollen Verbesserungen bringen, doch die Bergarbeiter wehren sich dagegen: Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz – lieber krank als arm! Die Bauern wiederum beschweren sich über Missbildungen bei ihrem Vieh und über Ernteausfälle. Sie fordern Schadenersatz vom Landesfürsten, der lehnt das ab. Immerhin: Manche besonders gesundheitsgefährdende Produktionsstätten werden von den Siedlungen verlegt, das Wasser bleibt trotzdem verschmutzt.
Heute hat das Bergwerk in Idria seinen Betrieb eingestellt. Es ist UNESCO-Weltkulturerbe und eine touristische Sehenswürdigkeit.
Helfried Valentinitsch, Umweltprobleme. Das Beispiel der innerösterreichischen Länder in der frühen Neuzeit, in: Beiträge zur historischen Sozialkunde 4/20 (1990), 124–127.