Versammlung der Grünbacher Bergarbeiter in ihrer besten Kleidung während des Streiks 1932. © Archiv Bernhard Muhr

„Grün­­bach ist ein Todes­berg­werk“:

Streik der Bergarbeiter

Zunehmender Druck in der Arbeit führt zu Unfällen, Stress kann sogar töten. In der niederösterreichischen Gemeinde Grünbach streiken die Bergarbeiter 1932 für den „Schutz des nackten Lebens“.  

30. November 1932, Grünbach: Die Arbeiter der Montagnachtschicht sind die letzten, die das Bergwerk verlassen. Vor dem Tor stehen bereits Gendarmen mit aufgepflanztem Bajonett. Der Streik ist lückenlos.

Die letzten Arbeiter verlassen das Bergwerk. © Anno
Obwohl der Absatz stark gestiegen ist, haben die „Bergherren“ jede Erhöhung der Löhne abgelehnt. Die Arbeiter bringen ihre Familien kaum noch durch. Deshalb streiken sie jetzt für zehn Prozent mehr Lohn. Sie fordern aber auch den „Schutz des nackten Lebens“.
Während die Werksdirektoren große Gewinne machen, können die Bergleute ihre Familien kaum mehr ernähren. © Anno
Während die Werksdirektoren große Gewinne machen, können die Bergleute ihre Familien kaum mehr ernähren. © Anno

 „Verbrecherische Antreiberei“

In den letzten Jahren haben sich die Arbeitsbedingungen im Bergwerk massiv verschlechtert. Die Arbeiter müssen in weniger Zeit mehr leisten. Sie müssen sich beeilen und werden unvorsichtig. Zudem hält die Betriebsleitung die Sicherheitsvorschriften nicht ein. 

 

Die Arbeit in den tiefen Schächten ist schmutzig und gefährlich. © Archiv Dr. Reisner
„Das Bergwerk ist zu einer Menschenfalle geworden.“

Arbeitsunfälle nehmen deshalb zu. Mehrere Bergarbeiter sterben – sie werden von Gestein erschlagen, zerquetscht oder in Schächten verschüttet und lebendig begraben. Am Grabhügel liegen noch frische Blumen, als der Streik beginnt. Hier ruht Josef Haller, das neunte Todesopfer in zwei Jahren. Schuld sind die „mörderischen Antreibmethoden“. Wenige Stunden vor dem tödlichen Unfall hat ihm ein Ingenieur mit der Kündigung gedroht, wenn er nicht mehr leistet.

Das Grab des verunglückten Bergarbeiters Josef Haller. © Anno

Die Betriebsleitung droht mit Lohnkürzungen und Entlassungen. Der Direktor will Streikbrecher anheuern, die anstelle der Streikenden die Arbeit aufnehmen. Aber niemand meldet sich zum Dienst. Die Solidarität unter den Arbeiter:innen ist groß. Auch die lokale Bevölkerung hilft: Um die Familien der streikenden Bergarbeiter mit einer warmen Mahlzeit zu unterstützen, richtet sie Küchen ein.

Die „Rote Hilfe“ richtet Küchen ein, um die Familien der streikenden Bergarbeiter mit einer warmen Mahlzeit zu unterstützen. © Archiv SPÖ

Am 6. Januar 1933 endet der Streik. Verbesserungen können nicht erkämpft werden. Übrig bleibt nur die Hoffnung auf bessere Zeiten: „Die Forderungen der Arbeiterschaft sind nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben.“

Zeitstrahl 1932 © wasbishergeschah.at