Wien, 1927: Die Zeitschrift des Hausgehilfinnen-Vereins „Einigkeit“ berichtet von fatalen Missständen im Arbeitsalltag der Dienstmädchen. Ein 15-jähriges Mädchen muss bis zu 16 Stunden am Tag arbeiten. Sie wird tagein, tagaus von ihrer Chefin „sekkiert“. Lohn bekommt sie kaum. Trotzdem will sie nicht, dass der Verein interveniert. Denn sie wohnt im Haus der Chefin. Sie hat Angst, nicht nur ihre Stelle, sondern auch ihren Schlafplatz zu verlieren.
Damit wäre sie nicht allein. Dienstmädchen sind bis in die 1930er-Jahre von der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen. Verliert eine Hausgehilfin den Job, ist sie meist auch das Dach über dem Kopf los. Eine Studie der Arbeiterkammer aus demselben Jahr zeigt: Ein Drittel der befragten Dienstmädchen war in den letzten Jahren arbeitslos. Jeden Tag suchen rund 300 Hausgehilfinnen in Unterkünften für Obdachlose Unterschlupf.