Wien, 1971: Der 19-jährige Niko Mijatović kommt aus dem bosnischen Brčko nach Wien. Er möchte hier seinen Vater besuchen und ein bisschen Geld verdienen – um sich Fußballschuhe leisten zu können. Doch aus dem Besuch wird mehr: Niko Mijatović bleibt in Wien. Er findet schnell einen Job. Jeden Sonntag verbringt er auf dem Fußballplatz. Dafür opfert er auch den Samstagabend in der Disko. Er ist lieber fit für das Match am nächsten Tag. Bis zu seinem 45. Lebensjahr spielt er im Verein „Jedinstvo“.
Die Arbeiter aus Jugoslawien und der Türkei schaffen es aber kaum, in österreichische Mannschaften aufgenommen zu werden. Das Gesetz schreibt fest, dass eine Amateurmannschaft nur zwei Spieler mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben darf. Viele „Gastarbeiter“ finden daher nur schwer einen Verein, bei dem sie mitspielen dürfen. So treffen sich die jungen Männer in Parks zum Kicken. In den 1970er-Jahren gründen sie dann erste türkische und jugoslawische Mannschaften. Auch ein jugoslawisches Frauenteam entsteht. Nicht nur in Wien bilden sich migrantische Sportvereine, auch in anderen Bundesländern gibt es jugoslawische und türkische Vereine und Ligen.
Bis ins Jahr 2008 gibt es die sogenannte „Jugo-Liga“ in Wien. Sie richtet Wettbewerbe für anfangs 26 Teams aus. Auch eigene Schiedsrichter bildet die Liga aus. Beliebte Fußballplätze sind in Floridsdorf und neben dem Praterstadion.
Arif Akkiliç, Vida Bakondy, Ljubomir Bratić, Regina Wonisch (Hg.), Schere Topf Papier. Objekte zur Migrationsgeschichte, Wien 2016.
Vladimir Ivanović, „Nostalgija za prugom.“ Das Freizeitverhalten jugoslawischer Gastarbeiter in der BRD und in Österreich, in: Hannes Grandits, Holm Sundhaussen (Hg.), Jugoslawien in den 1960er Jahren. Auf dem Weg zu einem (a)normalen Staat?, Wiesbaden 2013, 135–154.
Harald Waldrauch, Karin Sohler, Migrantenorganisationen in der Großstadt. Entstehung, Strukturen und Aktivitäten am Beispiel Wiens, Frankfurt am Main 2004.