Dafür wollen sie den „revolutionären Schutt“ wegräumen, der mit der Gründung der Republik entstanden ist: Löhne und Sozialleistungen hält die Regierung für zu hoch. Kollektivverträge, die selbst verwalteten Krankenkassen und die Betriebsräte sieht sie als Hindernis. Sie will keine Zeit verlieren, indem sie mit dem „Sozialpartner“ und mit Abgeordneten im Parlament verhandelt. Am schärfsten sagen es die Heimwehren. Sie sind eine bewaffnete Einheit, die den Christlichsozialen nahesteht. 1931 erklären sie: „Wir verwerfen den westlichen demokratischen Parlamentarismus und den Parteienstaat!“
Den Verfassungsgerichtshof schaltet sie mit einem Trick aus: Die christlichsozialen Richter treten zurück, damit das Gericht keine Beschlüsse mehr fassen kann. Im November verhängt die Regierung das Standrecht: Ab nun droht die Todesstrafe bei Mord, Brandstiftung und „boshafter Sachbeschädigung“. Der Tatbestand „Aufruhr“ kommt im Februar 1934 hinzu, als die Regierung in einem kurzen Bürgerkrieg die Sozialdemokratie niederschlägt.
Die wirtschaftliche Krise kann die Diktatur unter Dollfuß so aber nicht lösen. Auch seinem Nachfolger Schuschnigg gelingt das nicht. Unzählige Menschen haben weiterhin keine Arbeit. Ihnen fehlt es am Notwendigsten. Ein Pfarrer beschwert sich in einem Brief: „Soll man sich wundern, wenn solche Menschen den Glauben an den christlichen Staat verlieren.“Emmerich Tálos/Florian Wenninger, Das austrofaschistische Österreich 1933–1938. Politik und Zeitgeschichte 10, Wien 2017.