Schon im späten 19. Jahrhundert hat es antisemitische Ausschreitungen an der Universität gegeben. Nachdem aber im Ersten Weltkrieg viele Tausend „Ostjuden“ nach Wien geflüchtet sind, hetzen Politiker und Studentenvertreter verstärkt gegen jüdische Studierende.
Der Rektor, Karl Diener, spricht 1922 von einer „Invasion“, die er als „den wahren Krebsschaden unserer akademischen Verhältnisse“ anprangert. Der spätere Bundeskanzler Engelbert Dollfuß ist damals Studentenvertreter. Er setzt noch eins drauf: „Hier hilft kein Herumdoktern, weg mit allen fremden Juden aus dem Osten!“ Er fordert auch eine zahlenmäßige Beschränkung von jüdischen Studierenden. Damit setzt er sich zwar nicht durch, trotzdem sinkt der Anteil der jüdischen Studierenden: Sie sind ständigen Angriffen ausgesetzt. Außerdem wird es ihnen schwerer gemacht zu studieren. Für Ausländer steigen die Gebühren. Das trifft viele „Ostjuden“, die keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.
Die wichtigsten Schauplätze von Attacken auf jüdische und linke Studierende sind das Hauptgebäude der Universität und das Anatomische Institut. Denn Jüdinnen und Juden stellen nach dem Ersten Weltkrieg über die Hälfte der Medizinstudent:innen. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum die „Hakenkreuzler“ das Institut angreifen: Sein Leiter ist Julius Tandler. Er ist Jude, Freimaurer und Sozialdemokrat. Und damit das perfekte Feindbild.