Khartum, 1884. Der Wiener Rudolf Slatin wird auf einen Esel geladen und in ein Gefängnis gebracht. Den Tag muss er an einen Baumstrunk gekettet verbringen, nachts schläft er am Boden seiner Zelle. Als Polster dient ihm ein Stein. Bewegen kann er sich kaum: Die schweren eisernen Fußfesseln sind mit einer Querstange verbunden.
Wie ist er dort hingeraten? Österreich besitzt keine Kolonien, aber Österreicher beteiligen sich an der Eroberung und Aufteilung Afrikas unter den europäischen Mächten. Slatin macht an wichtiger Stelle mit. Er löst sogar eine militärische Intervention im Sudan aus.
Er steht in britischen Diensten. Als Gouverneur der Provinz Darfur soll er den Widerstand gegen die Kolonialmacht unterdrücken. Ausbeutung, hohe Steuern und die ausufernde Korruption zermürben das Land. Dass mit Slatin ein „Ungläubiger“ über die muslimische Bevölkerung herrscht, empört die Menschen zusätzlich. Der Sudan sollte „von seinen eigenen Söhnen und nicht von Fremden regiert werden”. Es gärt im ganzen Land.
Als die Behörden den selbsternannten „Erlöser“ Muhammad Ahmad, den „Mahdi“, verhaften wollen, beginnt der Widerstand. Die Mahdisten ziehen sich zunächst in die Berge zurück. Aus dem Hinterhalt greifen sie die Regierungstruppen an. Die Überraschungsangriffe enden mit einem Sieg nach dem anderen. Jetzt schließen sich immer mehr Menschen dem Widerstand an. In den vom „Mahdi“ kontrollierten Gebieten gilt die Teilnahme am „Heiligen Krieg“ als religiöse Pflicht. Slatin zieht mit seinen Truppen in die aufständischen Gebiete. Einmal lässt er auch den Überbringer von „aufrührerischen Rundschreiben“ festnehmen, verhören und erschießen. Aber „mit Kummer” bemerkt er, dass die Zahl seiner Soldaten täglich abnimmt. Sein Feind erhält hingegen täglich neuen Nachschub. Die Mahdisten besiegen die britischen Truppen, erobern Khartum und töten den britischen Generalgouverneur. 1885 kontrollieren sie weite Teile des Landes. Sie errichten das Mahdi-Reich, das sich über zehn Jahre halten kann.
Slatin kommt nicht davon. Aufständische nehmen ihn gefangen. „Ich musste der Sklave derer werden, die ich regiert hatte“, schreibt er in seinem Buch „Feuer und Schwert im Sudan“. Darin berichtet er auch über seine Zeit in der Gefangenschaft. Das Werk erscheint gleichzeitig in deutscher und englischer Sprache und wird ein Bestseller. Es beeinflusst auch das britische Empire: Die Briten schicken Militär in den Sudan, um die Mahdisten niederzuwerfen. Sie kennen keine Gnade und begehen ein wahres Massaker: Über 25.000 Mahdisten sterben auf dem Schlachtfeld.