In Ottakring fliegen die Pflastersteine. Fensterscheiben gehen klirrend zu Bruch. Junge Männer demolieren Straßenlaternen, reißen Bänke aus den Parkanlagen und errichten damit Barrikaden. Eine Frau feuert sie an: „Nach der Fleischteuerung ist der Zucker, die Kohlen, der Spiritus teurer geworden. Es ist nicht mehr zum Existieren!“
Ein Wiener Arbeiter konnte früher dreimal in der Woche ein Stück Rindfleisch essen, jetzt kann er sich das nur noch einmal in der Woche erlauben. Die Wohnungsnot und die hohen Mieten verschärfen die Situation. Viele Menschen müssen daher als „Bettgeher“ leben. Sie zahlen stundenweise für einen Schlafplatz, weil sie sich mehr nicht leisten können. Die Vermieter der Bettgeher sind Arbeiterfamilien, die den kleinen Zuverdienst dringend zum Überleben brauchen.
Die Regierung tut nichts, um die Not zu lindern. Deshalb ruft die Sozialdemokratie zu einer Demonstration auf. Am 17. September 1911 ziehen fast 100.000 Menschen aus den Außenbezirken auf den Rathausplatz und vor das Parlament.