Blick auf das Dorf Krumbach: Eine Straße schlängelt sich durch die Landschaft. Zwischen gelben und hellgrünen Feldern und dunkelgrünen Waldstücken befinden sich Häusergruppen und Bauernhöfe. Im Hintergrund befindet sich eine Bergkette mit Schneeresten.  © Wikimedia, P&M Fotografie Stefan Emmer, Krumbach, 2018 (CC-BY-SA-4.0).

Widerstand am Dorf:

Krumbacher Deserteure gegen die SS

Während des Zweiten Weltkriegs verstecken sich in Krumbach mehrere Wehrmachts-Deserteure. Sie versuchen, ihr Dorf vor der Zerstörung zu beschützen.

Sommer 1944 in Krumbach: In der Nacht befestigt jemand heimlich zwei Zettel an einem Zaun: Der erste will den „totalen Widerstand“ – anstelle des „totalen Kriegs”. Der zweite richtet sich an Männer, die als Soldaten in die Wehrmacht eingezogen werden. So sollen „ins Holz gehen“ – sich also im Wald verstecken, um die Beteiligung am Krieg zu verweigern.

Versteck mitten im Dorf

Tatsächlich halten sich gleich mehrere Männer als Deserteure in Krumbach versteckt. Darauf steht im Deutschen Reich die Todesstrafe. Einer der Deserteure ist der 30-jährige Johann Steurer. Als er Anfang 1942 an die Front soll, flieht er aus der Kaserne in Innsbruck. Er macht sich zu Fuß auf in sein Heimatdorf. Ohne entdeckt zu werden, schafft er die 200 Kilometer nach Krumbach. Hier versteckt er sich in seinem Elternhaus. Niemand im Dorf verrät ihn.

Gestapo und Gendarmerie suchen nach Johann, aber Gendarmerie-Inspektor Girardi schaut bei den Hausdurchsuchungen absichtlich weg. Dafür schenken Johanns Eltern ihm ein Stück Speck. Mehr als drei Jahre überlebt Johann so als „U-Boot“ mitten im Deutschen Reich.

Weil der Gendarmerie-Inspektor ihren Sohn nicht verrät, schenken ihm Johanns Eltern ein Stück Speck. © Wikimedia, Fotograf Frieder Blickle, Südtiroler Speck g.g.A., 2010 (CC-BY-SA-4.0).

Widerstand gegen den „Endkampf“

Anfang 1945 ist klar, dass Deutschland den Krieg verlieren wird. Trotzdem wählt das NS-Militärkommando Krumbach als wichtige Verteidigungsstellung aus, um im sogenannten „Endkampf“ den Vormarsch französischer Truppen zu stoppen. Die Wehrmacht soll Krumbachs Brücken sprengen und so den Franzosen den Weg abschneiden. Die Dorfbewohner:innen befürchten außerdem, dass die Nazis ihre Häuser und Vorräte anzünden werden – nur damit sie nicht den Franzosen in die Hände fallen.

Um die Zerstörung des Dorfs zu verhindern, bilden die Deserteure eine Widerstandsgruppe. Auch Johann Steurer schließt sich ihr an. Die Gruppe will ein Kriegsende „ohne Kampf und Zerstörung“. Kein Mann im Dorf soll mehr dem Befehl zur Einberufung in die Wehrmacht gehorchen. Sobald die Franzosen eintreffen, will die Gruppe weiße Fahnen hissen.

Am 30. April nimmt sich Hitler in seinem Berliner Bunker das Leben. Am selben Tag tauchen in Krumbach 175 Männer der Waffen-SS auf. Die Widerstandskämpfer wollen Frieden, aber nicht mit der SS. Aus einem Maschinengewehr feuern sie auf die SS-Truppe und erschießen fünf Männer. Der Angriff wirkt so stark, dass ein Teil der SS-Männer flieht. Schließlich verlässt auch die restliche SS Krumbach. 

Als fünf Tage später französische Truppen das Dorf erreichen, weht bereits eine weiße Fahne. Der Friede kann beginnen.

Als die Alliierten ankommen, weht in Krumbach bereits eine weiße Fahne. © Wikimedia, weiße Fahnen beim Durchmarsch von US-Soldaten im Rheinland, 1945.


Anna Stärk

Zeitstrahl 1944 © wasbishergeschah.at

Weiterführend:

Isabella Greber/Peter Pirker: Unabkömmlichkeit, Selbstbeschädigung, Desertion, Widerstand: Wehrdienstentziehungen im Vorarlberger Dorf Krumbach, in: zeitgeschichte 49/4 (2022), 513-541.