Wien, Juli 2014: Die Polizei rückt an, um das besetzte Haus in der Mühlfeldgasse 12 zu räumen – mit Panzerwagen, Wasserwerfern und einem Helikopter. Doch das ist schwierig: Die Besetzer:innen haben sich im Haus verschanzt und viele der Zuschauer:innen auf der Straße unterstützen die Besetzung. Erst nach mehreren Stunden kann die Polizei das Haus stürmen.
Immobilienspekulanten sind ein großes Problem in Städten: Sie lassen Häuser als „Anlage“ unbewohnt; oder sie sanieren zwar die Wohnungen, verlangen dann aber viel höhere Mieten von den Bewohner:innen. 2011 versucht das die Wiener Castella GmbH mit Wohnungen in der Mühlfeldgasse im Bezirk Leopoldstadt.
Die Castella GmbH will das Haus in der Mühlfeldgasse sanieren und dafür die Altmieter:innen loswerden. Die haben aber keine Lust auszuziehen und die Firma kann ihre Mietverträge nicht kündigen. Sie versucht es daher mit üblen Tricks. Sie verstopft die Kanalisation und dreht das Gas ab. Ein paar ältere Leute bleiben trotzdem. Sie wissen: Sie werden nie wieder so günstig wohnen können wie hier mit ihren alten Mietverträgen.
Alte und neue Bewohner:innen des Hauses sind gemeinsam dagegen, dass mit Wohnraum spekuliert wird. Die Castella GmbH ist darüber entsetzt. Nach über zweieinhalb Jahren kann sie einen Räumungsbescheid erwirken. 1.700 Polizist:innen rücken mit schwerem Gerät an, um das Haus zu räumen. Schließlich können sie das Haus stürmen und es der Castella GmbH übergeben. Die Punks nehmen sie fest.
Die Polizeiaktion bringt der „Pizzeria Anarchia“ große Aufmerksamkeit in den Medien. Das erzeugt öffentlichen Druck. Nun kann die Castella GmbH niemanden mehr durch gemeine Tricks aus dem Haus vertreiben. Noch Jahre nach der Räumung bewohnt eine Altmieterin ihre Wohnung über der ehemaligen „Pizzeria Anarchia“.
Martina Nußbaumer, Werner Michael Schwarz (Hg.), Besetzt. Kampf um Freiräume seit den 70ern, Wien 2012.