1960, Muynak in Usbekistan: Ein Fischer steht am Hafen und blickt auf den See. Eine frische Brise streift sein Gesicht. Urlauber spazieren an ihm vorbei. Schon zehn Jahre später ist der Hafen ein Friedhof für Schiffe. Der See ist in weite Ferne gerückt. Im ehemaligen Hafen sind nur mehr gelber Wüstensand und weiße Salzflecken zu sehen.
Der Aralsee an der Grenze zwischen Usbekistan und Kasachstan gehörte einst zu den größten Binnenmeeren der Welt. Die Fläche war fast so groß wie Bayern. Heute sind 90 Prozent des Sees verschwunden. Übrig bleibt eine trostlose Wüstenlandschaft. Von der Fischerei lebt hier niemand mehr.
Seit dem 19. Jahrhundert wird in Usbekistan Baumwolle angebaut. Das Gebiet gehört zum Russischen Reich und später zur Sowjetunion. In den 1950er-Jahren entstehen hier riesige Plantagen. Die Pflanzen brauchen viel Wasser. Deshalb zapft man zwei wichtige Flüsse an, die den See mit Wasser versorgen. Die Baumwollproduktion wirft Profite ab. Deshalb werden die Flächen für den Anbau immer weiter ausgedehnt. Der Aralsee beginnt auszutrocknen und zu versalzen. Der Klimawandel führt zu extremer Trockenheit in der Region und verstärkt den Prozess. Der See hatte zuvor einen kühlenden Effekt. Mit seinem Verschwinden verschärft sich wiederum der Klimawandel. Die Winter werden kälter, die Sommer heißer.
Hans-Rudolf Bork/Verena Winiwarter, Geschichte unserer Umwelt. Sechzig Reisen durch die Zeit, Darmstadt 2014.