Zeichnung eines viereckigen Klosters. Vor den hohen Mauern stehen Menschen, dahinter erheben sich Felsblöcke. © Wikimedia

Aussteigen im spätantiken Ägypten.

Mönche und Nonnen gehen in die Wüste

Raus aus der Zivilisation, um ein anderes Leben auszuprobieren. Das ist keine Erfindung der Hippies in den 1960er-Jahren. Die ersten christlichen Klöster entstehen im 4. Jahrhundert in der ägyptischen Wüste, weil Menschen etwas Neues erfahren wollen und dafür die Einsamkeit suchen. Der Preis dafür kann hoch sein. 

8. Jahrhundert, Oberägypten: Eine Frau sitzt in ihrem winzigen Zimmer in einem fast verlassenen Kloster am Rande der ägyptischen Wüste. Sie schreibt einen Brief an eine Freundin. Darin berichtet sie, dass sie seit Monaten krank ist und nicht mehr für sich selbst sorgen kann. Sie ist nicht die einzige, der es schlecht geht. Im Kloster leben auch keine anderen Nonnen mehr, die ihr helfen können. Sie bittet die Empfängerin des Briefes, ihr ein wenig Geld zu schicken, damit sie sich zumindest die notwendigsten Lebensmittel kaufen kann. Vermutlich benötigt sie auch Medizin und einen Arzt, um ihre Krankheit behandeln zu können. 

Der Hilferuf einer ägyptischen Nonne aus dem 8. Jahrhundert. © ÖNB Bildarchiv

Die ersten Klöster in Ägypten

Bereits im 4. Jahrhundert entstehen zahlreiche Klöster in Ägypten. Aber nicht alle sind auf die gleiche Weise organisiert. An manchen Orten bilden die Nonnen und Mönche Gemeinschaften. Diese können die Größe von Dörfern oder sogar von kleinen Städten erreichen. So sollen zum Beispiel im sogenannten „Weißen Kloster“ über 1.800 Nonnen und 2.200 Mönche gelebt haben. Solche Klöster sind in der Spätantike und im Mittelalter Zentren des religiösen Lebens und wichtige Wirtschaftsbetriebe. Sie verfügen über riesige Grundstücke und bauen Weizen, Wein und andere landwirtschaftliche Produkte an. Viele dieser Klöster verfügen auch über sehr große Bibliotheken, die bis heute wichtige christliche Bücher bewahren. Eines davon ist das immer noch bewohnte Katharinenkloster auf der Sinai-Halbinsel. 

Nonnen und Mönche suchen in der Einsamkeit der ägyptischen Wüste nach Gott und dem wahren religiösen Leben. © Wikimedia

Einsam in der ägyptischen Wüste

Nicht alle Nonnen und Mönche entscheiden sich zu einem Leben in einer großen Klostergemeinschaft. Viele ziehen sich an den Rand der Zivilisation und in die Einsamkeit der ägyptischen Wüste zurück, um dort nach Gott und dem wahren religiösen Leben zu suchen. Andere leben in kleinen losen Gemeinschaften, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Diese Frauen und Männer besitzen keine großen Grundstücke und sind oft auf Spenden angewiesen. Manchmal bleibt aber von diesen kleinen Gemeinschaften nur mehr eine Nonne oder ein Mönch übrig, oder es kommen keine Spenden mehr in der Gemeinschaft an.

Das ist vermutlich auch der Nonne passiert. Sie muss um Unterstützung bitten, um überleben zu können. Den Brief schreibt sie auf Koptisch, der Sprache der Ägypter. Man kann sehen, dass sie im Schreiben nicht viel Übung hat. Sie kann sich auch keinen neuen Papyrus leisten. Deshalb verwendet sie eine alte Steuerabrechnung, die sie vorher notdürftig abgewaschen hat. Ob ihre Bitte genützt hat, ob sie Hunger und Krankheit überlebt hat, wissen wir nicht.

Weiterführend:

Markus Resel, Bittbrief einer Nonne, in: Bernhard Palme (Hg.), Halbmond über dem Nil. Wie aus dem byzantinischen das arabische Ägypten wurde (Nilus 26), Wien 2022, 152.