Im Sommer 2016 postet eine belgische Studentin einige Fotos auf Facebook, auf denen ihre Achselhaare zu sehen sind. Tausende Männer hauen daraufhin wütend in die Tasten. „Rasier dich!“, will ihr einer befehlen. Ein anderer beschimpft sie als „schmutzige Lesbe“.
In den 1980er-Jahren setzt sich ein neuer Trend in Europa durch: die Achselrasur. Davor gelten Achselhaare nicht unbedingt als schön, aber ihr Nutzen spricht gegen eine Rasur.
So erklärt 1936 eine Frauenzeitschrift ihren Leserinnen, dass die Achselhaare dafür sorgen, „die Reibung der aneinanderliegenden Hautpartien zu verhindern”. Zudem saugen sie Schweiß auf. Die Zeitschrift weist also darauf hin, dass die Achselhaare einen Zweck haben. Hingegen warnt sie: Diese Haare zu rasieren kann schmerzhafte Abszesse verursachen.
Denn schon damals wird diskutiert, ob Achselhaare unschön sind. In einem Artikel über „Behaarungsverhältnisse beim Weib“ tritt ein Professor für Achselhaare ein. Er meint aber auch: Allzu „lange, borstige, gerade Haare“ sind „nicht gerne gesehen“. Deshalb rät er den Frauen, die Haare zu kürzen oder zu kräuseln.
Schon damals bestimmen Männer, wie Frauenkörper aussehen sollen. Und noch heute wird Frauen eingehämmert, dass sie an ihrem Aussehen arbeiten müssen, damit sie Männern gefallen. Sie greifen daher nicht nur zum Rasierer, sie tun ihrem Körper und ihrer Psyche Gewalt an. Diäten, Essstörungen und Sportsucht sind die Folge. Die Schönheitsindustrie verdient mit Cremen, Botox und OPs ordentlich mit.
Wer sich gegen die Schönheitsstandards wehrt, wird angegriffen und beschimpft. Aber viele junge Frauen wissen, dass ihr Körper niemandem gehört, außer ihnen selbst. Sie entscheiden heute selbst, ob sie ihre Haare wachsen lassen. Einige rasieren sich nicht und setzen damit einen neuen Trend. Gleichzeitig lehnen sie eine Gesellschaft ab, in der Männer bestimmen, was schön ist und was nicht.
Julia Brandstätter