Menschen spazieren und arbeiten am Hafen, im Wasser sind Segelschiffe und Boote, am Horizont die Stadt New Orleans, darüber Wolken und Himmel.  © National Art Gallery

Rassismus in den USA:

Die „falsche“ Hautfarbe, um zu erben

Die weißen Verwandten eines Verstorbenen wollen seine schwarze Partnerin ums Geld bringen, denn verheiratet waren die beiden nicht. Das war ihnen verboten. Schwule und lesbische Paare kennen das noch aus jüngster Vergangenheit.

September 1846, New Orleans: Die Familie Macarty verklagt Eulalie Mandeville auf Betrug und Erbschleicherei. Die Macartys sind weiß, Eulalie ist schwarz. Sie ist eine Free Woman of Color. Fast 50 Jahre lang war sie die Lebensgefährtin von Eugene Macarty. Bei seinem Tod vererbt er ihr 12.000 Dollar. Eulalie besitzt zu diesem Zeitpunkt 155.000 Dollar und mehrere Häuser. Die Familie Macarty will das nicht akzeptieren. Sie erhebt Anspruch auf das Vermögen. Ihr Argument: Die beiden waren nicht verheiratet, Eulalie hat sich deshalb ihren Besitz von Eugene erschlichen.

‚Eingetragene Partnerschaft‘ – aber keine Ehe

Die Gesetze im US-Bundesstaat Louisiana teilen die Menschen in drei Gruppen: Weiße, Free People of Color und schwarze Sklav:innen. Die Free People of Color sind Kinder aus Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen oder ehemalige Sklav:innen, die sich freigekauft haben oder freigelassen wurden. Viele betreiben ein Gewerbe und können davon gut leben, manche sind sogar reich. Wenn es um Fragen des Eigentums geht oder darum, geschäftliche Verträge abzuschließen, gelten für die Free People of Color dieselben Rechte wie für die weiße Oberschicht.

In vielen Lebensbereichen sind sie trotzdem benachteiligt. So ist es ihnen auch verboten, einen Weißen Mann oder eine Weiße Frau zu heiraten. 


Das soll eine Vermischung verhindern und die Herrschaft der Weißen über die Schwarzen sicherstellen.

Free People of Color konnten es zu Wohlstand bringen. In vielen Lebensbereichen waren sie trotzdem benachteiligt. © Wikimedia

Aber es gibt ein Schlupfloch: die plaçage. Sie ermöglicht es Weißen Männern, eine Beziehung mit einer Schwarzen Frau einzugehen. Bei der plaçage schließen Mann und Frau eine offizielle Vereinbarung: Der Mann verpflichtet sich, Frau und Kinder zu versorgen. Die plaçage ist der Ehe ähnlich, aber eben doch nicht dasselbe. Wenn bei einem Ehepaar der Mann stirbt, steht seiner Frau die Hälfte des Vermögens zu. Wenn die beiden nur eine plaçage verbindet, dann darf die Frau vom Gesetz her nur ein Zehntel des Vermögens erben. Das übrige Vermögen muss an Weiße gehen. Nur wer früh genug den Besitz an die Partnerin verschenkt, umgeht diese Regelung.

Rassistische Gesetze ermöglichen die versuchte Enteignung   

Der Prozess gegen Eulalie dauert zwei Jahre. Zeugen sagen aus, dass sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist. Das macht es plausibel, dass sie viel von ihrem Vermögen selbst erwirtschaftet hat. Das Erbe von 12.000 Dollar ist da nur ein kleiner Teil. Und ihr Partner hat ihr auch schon in den Jahren vor seinem Tod immer wieder ganz offiziell Teile seines Vermögens geschenkt. Wieviel genau, ist unklar. Das Gericht meint aber auch, dass das egal ist. Denn die beiden haben in plaçage gelebt und damit eine der Ehe ähnliche Beziehung geführt.

Das Gericht entscheidet schließlich für Eulalie. Sie hat Glück. Die Macartys können ihr nicht das Vermögen rauben. Aber die rassistischen Gesetze haben es ihnen überhaupt erst ermöglicht, den Versuch zu unternehmen.

Zeitstrahl 1846 © wasbishergeschah.at