Ein abgebrochener Teil eines Grabsteins liegt auf Steinboden. Auf dem Stein sind die Zahlen 1923 und 1943 eingraviert.  © Hollaus, Messner, Lammerhuber, 2022

Die Zer­störung eines Parti­sanen­fried­hofs.

Hass auf den Anti­fa­schis­mus

Den Toten ist es egal, wenn ihr Friedhof kaputt gemacht wird. Wer Grabsteine beschmiert und zerstört, will damit den Lebenden drohen. Vor genau einem Jahr haben in Bosnien Rechtsextreme auf einem Friedhof gewütet, der an gefallene Widerstandskämpfer des Zweiten Weltkrieges erinnert.

15. Juni 2022, in der Stadt Mostar in Bosnien: Unbekannte Täter betreten das Areal. Schon kurz danach hört man laute Hammerschläge gegen Stein. Wie in einem Steinbruch dreschen Rechtsextreme auf unzählige Gedenksteine ein. Jeder dieser Steine steht für einen gefallenen Widerstandskämpfer und trägt dessen Namen und das Geburts- und Sterbejahr. Nun wird den Gefallenen ein weiteres Mal Gewalt angetan. 

Besonders in Acht nehmen müssen sich die Vandalen nicht. Der Partisanenfriedhof ist schon seit vielen Jahren dem Verfall preisgegeben. Bereits wiederholt haben dort Rechtsextremisten Gedenksteine mit Hassbotschaften geschändet. In dieser Nacht geht die Zerstörungswut aber aufs Ganze. 

Blick auf die Anlage mit den unzähligen zerschlagenen Gedenksteinen. © Hollaus, Messner, Lammerhuber, 2022

Der Bürgerkrieg beginnt mit der Störung der Totenruhe

Im Zweiten Weltkrieg kämpfen Bosnier, Serben und Kroaten als kommunistische Partisanen gemeinsam gegen die deutschen Besatzer und die Ustascha, die kroatischen Faschisten. Einer der Kämpfer ist Bogdan Bogdanović. Nach dem Krieg wird er ein bedeutender Architekt und errichtet rund 20 Gedenkstätten für seine gefallenen Gefährten, aber auch für die jüdischen Opfer des Faschismus. Eine der Gedenkstätten ist der Partisanenfriedhof in Mostar.

Tito beim Besuch des Partisanenfriedhofs in Mostar 1969. © Wikimedia

In den 1980er-Jahren ist Bogdanović Bürgermeister von Belgrad, der Hauptstadt Jugoslawiens. Er tritt gegen den nationalistischen Hass auf, der Jugoslawien schließlich zerstört. Als der Staat in Bürgerkriegen zerfällt, muss er ins Exil gehen. Zuletzt landet er in Wien.

Bosnien erklärt sich im April 1992 für unabhängig von Jugoslawien. Rasch beginnt ein mörderischer Krieg zwischen Kroaten, muslimischen Bosniern und Serben. In Mostar verschanzen sich kroatische Soldaten am Partisanenfriedhof. Dort werden sie von der bosnischen Armee beschossen. Der Partisanenfriedhof wird schwer beschädigt. Nach dem Krieg haben die politisch Verantwortlichen für die Gedenkstätte wenig übrig. An einen gemeinsamen antifaschistischen Kampf will sich niemand erinnern. 

Der Partisanenfriedhof erscheint als ein lästiges Überbleibsel der kommunistischen Vergangenheit.

2022 wäre Bogdan Bogdanović 100 Jahre alt geworden. Im selben Jahr toben sich Rechtsextremisten in wilder Zerstörungswut auf dem Friedhof aus. Über 700 der insgesamt 810 Gedenksteine werden mit Hakenkreuzen und anderen nationalistischen Symbolen beschmiert und zerschlagen. Die Täter wollen die Erinnerung an den antifaschistischen Kampf der Partisanen endgültig auslöschen.

Zeitstrahl 1965 © wasbishergeschah.at

Weiterführend:

Architekturzentrum Wien (Hg.) mit Ivan Ristić, Bogdan Bogdanović. Memoria und Utopie in Tito-Jugoslawien (Ausstellungskatalog anlässlich der Ausstellung „Bogdan Bogdanović. Der verdammte Baumeister“, im Az W, 5.3.–2.6.2009), Klagenfurt 2009.

Friedrich Achleitner, Den Toten eine Blume. Die Denkmäler von Bogdan Bogdanović, Zsolnay Verlag, Wien 2013.