Sommer 1942, Wien: Die Hitlerjugend Wien-Süd lädt Lehrlinge in die Sofiensäle ein. Das Programm heißt „zwei Stunden Frohsinn“ und soll vom Krieg ablenken. Die Spielschar der Hitlerjugend gibt sich mit ihren Volksliedern alle Mühe, ist aber cringe statt cool. Die Jugendlichen aus der Arbeiterschaft machen sich über sie lustig und stören, indem sie klatschen. Viele wollen einfach gehen. Die Aufsichtspersonen versuchen zwar sie daran zu hindern, aber keine Chance. Ein geheimer Bericht stellt fest: „Die ‚Schlurfe‘ und ihr weiblicher Anhang verließen schon nach den ersten Programmpunkten den Saal. (…) Bis zur Pause war der halbe Saal leer.“
„Schlurfe“ oder „Schlurfs“: So sagt man in Wien ab 1939 zu Jugendlichen aus der Arbeiterschaft, die gerne Jazz hören. Die weiblichen Schlurfs werden verächtlich „Schlurfkatzen“ genannt. Jazzmusik aufzutreiben ist im Nazi-Reich schwierig. Manchmal spielen Orchester die Lieblingstücke der Schlurfs, aber mit einem deutschen Titel. Zum Beispiel den „Tiger Rag“ – der heißt dann „Schwarzer Panther“. Wenn der Wiener Musiker Hans Neroth den bei einem Konzert am Heumarkt spielt, tobt das Publikum. Volksmusik kann da nicht mit.