8. Februar 1908, am Stadtrand von Wien: Der Journalist Rudolf F. kämpft sich durch eine stürmische Winternacht – vorbei an einem großen Friedhof und einen Hügel hinauf. Dort sieht er hell beleuchtete Fenster. Leise ist Musik zu hören. Er fühlt sich wie der Held eines Schauerromans und will zugleich Fortschritt erleben. Sein Ziel ist ein Ball „Am Steinhof“. Dieser soll eine offenere Behandlung von psychisch Kranken zeigen.
Ab 1907 leben in der Heil- und Pflegeanstalt tausende Patient:innen. Steinhof ist damals die größte Einrichtung dieser Art in Europa. Der berühmte Architekt Otto Wagner will durch die Gestaltung der Anlage eine menschenwürdige Behandlung sicherstellen: Zwar wird das Gelände von Mauern umschlossen, aber seine Größe soll das Gefühl von Eingesperrtsein verhindern. Die Patient:innen werden auf Pavillons verteilt. Man trennt Frauen und Männer, die „Ruhigen“ von den „Unruhigen“ und die Heilbaren von denen, die als unheilbar gelten. Das soll den „Ruhigen“ mehr Freiheit ermöglichen. Als wichtiges Heilmittel gelten Arbeit und Beschäftigung. Für Unterhaltung sorgt ein „Gesellschaftshaus“.