Ihre Zieheltern sind sehr streng. Nur heimlich kann Roserl ihren Freund Toni treffen. Doch Roserls Situation verschlimmert sich sogar noch: Sie wird ungeplant schwanger. Heiraten und eine Familie gründen können Roserl und Toni aber nicht – dafür haben sie zu wenig Geld.
Roserl muss weiterhin am Bauernhof schuften. Ihre Verwandten hoffen, dass die harte Arbeit eine Fehlgeburt auslöst. Auch als Roserl hochschwanger ist, darf sie sich nicht ausruhen. Ihre Tochter Theresia kommt einen ganzen Monat zu früh auf die Welt. Roserl darf ihr Baby nicht behalten: Sie muss es an Pflegeeltern abgegeben. So wird auch die kleine Theresia als Magd aufwachsen.
Roserl bekommt kaum Zeit, um sich von Schwangerschaft und Geburt zu erholen. Nach nur drei Tagen muss sie wieder an die Arbeit. Sie schleppt viel zu schwere Eimer mit Wasser für die Tiere. Das führt zu inneren Verletzungen – wahrscheinlich an ihrer Gebärmutter. Aus Scham geht sie nicht zum Arzt. Sie hat ihr ganzes Leben lang Schmerzen und stirbt früh.
Roserls Geschichte ist kein Einzelfall: Bis Mitte des 20. Jahrhunderts müssen viele Kinder und Jugendliche auf fremden Höfen arbeiten. Ihre Eltern sind arm und können sie nicht versorgen. Für Mädchen und junge Frauen gelten besonders strenge Regeln: Sie arbeiten jeden Tag viele Stunden lang auf Feldern, im Wald, im Stall und im Haus. Am Sonntag müssen sie die Kirche besuchen. Ausgehen dürfen die meisten von ihnen nicht.
Wenn sie schwanger werden, sind die Frauen auf sich allein gestellt. Die Bauern erwarten, dass sie weiterhin die gleiche Arbeit leisten. Nicht wenige Frauen erleiden Fehlgeburten. Babys sterben, weil sich niemand um sie kümmern kann. Kinder wachsen bei fremden Familien auf, für die sie harte Arbeit leisten. An die Pflegefamilie müssen die Mütter der Kinder auch noch eine große Menge Geld abgeben. Oft ist das ein großer Teil ihres Lohns.
Julia Tyll-Schranz
Therese Weber (Hg.), Mägde. Lebenserinnerungen an die Dienstbotenzeit bei Bauern (Damit es nicht verlorengeht…), Wien/Köln/Graz 1985.