Schwan des Swarovski-Logos, geformt durch zahlreiche Glitzersteine auf dunklem Grund  © Wikimedia, Hartmut Schmidt Heidelberg, Swarovski-Logo, CC-BY-SA-4.0.

Kriegs­gerät statt Glitzer­steine:  

Swarovski im National­sozialismus

Die österreichische Firma Swarovski unterstützt schon vor dem „Anschluss“ die NSDAP. Im Zweiten Weltkrieg stellt sie massenweise Ferngläser für die deutsche Wehrmacht her. Bis heute bemüht sich das Unternehmen darum, seine NS-Vergangenheit unter den Teppich zu kehren.

Tirol, 21. Februar 1938: In der Gemeinde Wattens übt man bereits für den „Anschluss“ an Nazi-Deutschland, der einige Wochen später Wirklichkeit wird. 500 Menschen tragen Fackeln durch den kleinen Ort, dabei rufen sie „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“. Großenteils arbeiten sie bei Swarovski. Das Unternehmen gilt als eine Hochburg der Nazis.

Durch Wilhelm und Fritz Swarovski ist die Firma bei dem Umzug auch prominent vertreten. Die beiden Brüder waren schon 1932/33 mit von der Nazi-Partie. Die Liebe zum Faschismus geht aber noch weiter zurück: Fritz war jahrelang ein lokaler Führer der Heimwehr, bevor ihm die Nazis noch besser gefallen.

Schon vor dem „Anschluss“ marschieren Swarovski-Angestellte mit Hitlergruß durch Wattens. © Wikimedia, Werk I Swarovski in Wattens.

1938 tritt dann die Familie geschlossen der NSDAP bei, Männer und Frauen. Der Kopf des familiären Unternehmens ist Alfred Swarovski, ein weiterer Bruder von Wilhelm und Fritz. Er steht als Präsident dem Tiroler Industriellenbund vor. Und auch er weiß, was sich für einen Nazi gehört. Bei einer Festversammlung des Bundes schickt er „dankbare Treuegrüße“ an Adolf Hitler. Der NS-Staat erwidert den Dank. Bald wird Alfred Swarovski Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Innsbruck. 1943 steigt er zum Präsidenten der Gauwirtschaftskammer Tirol-Vorarlberg auf. Das sind mächtige Positionen. Sie helfen, dafür zu sorgen, dass Swarovski auch in der NS-Zeit gute Geschäfte macht.

Vom Schmuck zum Fernglas

Swarovski produziert bislang hauptsächlich Schmucksteine. Die kann das Deutsche Reich für seinen Krieg nicht brauchen. Die Wehrmacht bestellt bei dem Unternehmen stattdessen Ferngläser in riesiger Zahl. Die Firma steigt damit in einen neuen Produktionszweig ein. Das Unternehmen ist lange überfordert, doch die Wehrmacht unterstützt die Entwicklung finanziell und organisatorisch. Schließlich kann Swarovski zehntausende Ferngläser liefern. Überhaupt bringt die Herstellung von Kriegsgerät große Aufträge. Statt 500 Angestellten arbeiten bald 1.200 Menschen in den Swarovski-Werken – darunter viele Zwangsarbeiter:innen.
Swarovski geht gestärkt aus dem Nationalsozialismus hervor.

Nach 1945 behaupten die Swarovskis, dass sie nie überzeugte Nazis waren und auch von ihrer Parteimitgliedschaft nicht profitiert haben. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck weiß damals zwar über Alfred: „Er war ein begeistertes Mitglied der NSDAP.“ Fragen nach der Beteiligung an der NS-Herrschaft könnten unangenehm sein. Doch Unternehmensbesitz schützt meistens davor. Das gilt auch für die Firma Swarovski. Statt Kriegsgerät produziert sie nun wieder mehr Glasschmuck. Die optischen Geräte und Maschinen aber bleiben ein wichtiger Produktionszweig. Bis heute verkauft Swarovski außer Glitzersteinen auch Zielfernrohre für Schusswaffen.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg macht Swarovski ein gutes Geschäft mit Zielfernrohren. Ein Abnehmer ist das österreichische Bundesheer. © Wikimedia, Strichtabelle in einem Swarovski-Feldstecher.

Die Familie Swarovski schweigt bis heute lieber über die Rolle des Unternehmens im Nationalsozialismus. Zwar haben sie den Historiker Dieter Stiefel beauftragt, diese Geschichte aufzuarbeiten. Die Veröffentlichung der Ergebnisse haben sie dann aber verweigert. Auf der Website von Swarovski heißt es: „Verantwortungsbewusstes Handeln ist seit 1895 in unseren Werten verankert.“

Julian Stricker-Neumayer

Zeitstrahl 1938 © wasbishergeschah.at

Weiterführend:

Horst Schreiber, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Nazizeit in Tirol  (Geschichte & Ökonomie, Bd. 3), Innsbruck 1994.