nf Frauen in dunklen Mänteln stehen in einem Park oder Garten beieinander, lachen und reden. Links steht die norwegische Frauenführerin Bjoner in Tracht mit Blumenmustern, rechts davon die Reichsfrauenführerin Scholtz-Klink mit einer Flechtfrisur, in der Mitte Frau Oshima, Gattin des japanischen Botschafters, mit Pelz und rechts die spanische Frauenführerin Primo de Rivera und die Italienerin Olga Medici, beide mit Hut.  © ÖNB Bildarchiv, Treffen faschistischer Frauen in Berlin, 1941.

Faschistisch reisen:

die Besuchs­diplo­matie von rechts­extremen Frauen im Europa der 1930er-­Jahre

Mitte September 1942 reisen die spanische Faschistin Pilar Primo de Rivera und die italienische Faschistin Penelope Testa nach Wien. Ihr Ziel ist der Gründungskongress des Europäischen Jugendverbands. Sie werden herzlich empfangen.

Wien, 13. September 1942: Insgesamt 14 Delegationen treffen nacheinander per Zug ein. In den nächsten Tagen wollen Faschist:innen aus verschiedenen Ländern den „Europäischen Jugendverband“ gründen. Begrüßung folgt auf Begrüßung, die Hitlerjugend tritt an. Es gibt ein dichtes Rahmenprogramm. Die Stimmung ist ausgelassen.
Auch drei gute Bekannte treffen aufeinander: Penelope Testa, Generalinspekteurin der Jugendorganisation des italienischen Faschismus, Pilar Primo de Rivera, Frauenführerin des spanischen Faschismus und Jutta Rüdiger, Reichsreferentin des Bundes deutscher Mädel.
1942 treffen sich Pilar Primo de Rivera und Jutta Rüdiger zur Gründung des Europäischen Jugendverbandes in Wien. © ÖNB Bildarchiv.

Studienreisen für eine nationalistische Internationale

Die drei Frauen sollen im Europäischen Jugendverband gemeinsam die Führung der Frauen und Mädchen übernehmen. Damit wollen sie ihren Beitrag leisten, um Europa unter faschistischer Führung neu zu ordnen. Seit Jahren laufen die Vorbereitungen. Die Funktionärinnen der Frauenorganisationen besuchen einander gegenseitig in Deutschland, Spanien und Italien. Sie besichtigen Mütterschulen, Arbeits- und Sommerlager. Außerdem nehmen sie an Massenveranstaltungen wie den Nürnberger Reichsparteitagen teil und vernetzen sich.

Die spanischen Faschistinnen reisen zwischen 1937 und 1943 16-+mal nach Deutschland. Sie werden von Nazi-Prominenz bis hin zu Hitler und Goebbels empfangen. Immerhin zehnmal unternehmen die Spanierinnen auch Studienfahrten nach Italien, das schon lange vor Deutschland große Anziehung auf sie ausgeübt hat. Denn hier ist der Faschismus bereits seit 1921 an der Macht. Rechtsextreme aus der ganzen Welt kommen daher ins Land, um sich mit wichtigen Funktionär:innen oder sogar mit Mussolini persönlich zu treffen.

Während aber in Italien und Deutschland 1945 die Herrschaft des Faschismus endet, kann sich in Spanien das Franco-Regime an der Macht halten. Pilar Primo de Rivera leitet weiterhin die Frauenabteilung der Faschistischen Einheitsorganisation. Sie behält ihr Amt bis Mai 1977.


Julian Stricker-Neumayer

Zeitstrahl 1942 © wasbishergeschah.at