Ein Demonstrationszug, an dessen Spitze vier Frauen marschieren, eine davon mit Besen in der Hand, zwei mit Topfdeckel und Kochlöffel. Dahinter ein Banner mit der Aufschrift „So hätten sie uns gern: Ärzte, Kirche, Parteien und Männer“. Links sind Passanten vor einem Gebäude zu sehen.  © Wikimedia, Inge Werth, Frauenprotest gegen Paragraph 218, Frankfurt 1974 (CC BY-SA 4.0).

„Mein Mann

erlaubt es nicht“

Toxische Männer wünschen sich auf TikTok eine Welt, in der Frauen nichts zu sagen haben. Doch schon lange vor Social Media müssen sich Frauen gegen die Machtfantasien von „Alpha Males“ zur Wehr setzen. Ein Meilenstein in ihrem Kampf ist die Familienrechtsreform 1975.

Wien, 1970er-Jahre: Edith Traub ruft Bundeskanzler Bruno Kreisky an. Der hebt tatsächlich ab. Sie erzählt ihm: „Ich wäre gern berufstätig, aber mein Mann erlaubt es nicht.“

Damals ist der Ehemann das „Haupt der Familie“. So schreibt es das „Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch“ seit 1811 fest – die Regelung stammt also noch aus der Monarchie. Der Ehemann kann Erklärungen im Namen der Frau abgeben oder für sie unterschreiben, ohne sie zu fragen. Die Ehefrau und die ehelichen Kinder sind ihm zum Gehorsam verpflichtet. Als Ehefrauen haben Frauen keine Rechte. Dagegen wehren sich Frauenbewegungen und Sozialdemokratie schon in der Ersten Republik, scheitern aber an der katholischen Kirche und den konservativen Parteien.


Smash the Patriarchy

In den 1970er-Jahren protestieren Frauen erneut gegen das patriarchale Familienrecht. Aber es geht um mehr: Sie wollen über ihren Körper und ihr Leben selbst bestimmen dürfen und fordern einen legalen und sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Es soll nicht nur die öffentlich sichtbare Lohnarbeit von Männern als „richtige Arbeit“ gelten, sondern auch die unbezahlte Hausarbeit, die Frauen tagtäglich leisten. Und sie fordern einen wirksamen Schutz vor Gewalt gegen Frauen. Wie genau die Veränderungen umgesetzt werden sollen, ist unklar: Die Vorschläge reichen von einer umfassenden „sexuellen, kulturellen und wirtschaftlichen Revolution“ bis hin zu Reformen innerhalb des bestehenden Systems.

© ÖNB Bildarchiv, Hausfrau, 1950.
Frauen dürfen bis 1975 nicht selbst entscheiden, ob sie arbeiten gehen oder nicht.

Die Familienrechtsreform

Mit ihrem Protest üben die Frauen Druck auf die politischen Entscheidungsträger aus. Sie sind erfolgreich: 1975 beschließt die SPÖ-Alleinregierung die Familienrechtsreform. Frauen und Männer sind nun rechtlich gleichgestellt. Seither kann es der Ehemann seiner Frau nicht mehr verbieten, wenn sie einen Beruf ausüben oder einen Pass für ihre Kinder beantragen will. Heute eine Selbstverständlichkeit, die manche Männer nicht so hinnehmen wollen.

Auf TikTok wünschen sie sich Zeiten zurück, in denen Frauen das „Eigentum“ des Mannes waren. Frauen sollen „nicht zu laut“ sein, sie sollen nicht „alleine in den Club gehen“ und sich dem Mann unterordnen. Dort, wo toxische Männer ihre Meinung durchsetzen, wird es gefährlich für Frauen und ihre Rechte.


Julia Carrera

© wasbishergeschah.at

Weiterführend:

Käthe Kratz/Lisbeth N. Trallori (Hg.): Liebe, Macht und Abenteuer. Zur Geschichte der Neuen Frauenbewegung in Wien, Wien 2013.