Damals ist der Ehemann das „Haupt der Familie“. So schreibt es das „Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch“ seit 1811 fest – die Regelung stammt also noch aus der Monarchie. Der Ehemann kann Erklärungen im Namen der Frau abgeben oder für sie unterschreiben, ohne sie zu fragen. Die Ehefrau und die ehelichen Kinder sind ihm zum Gehorsam verpflichtet. Als Ehefrauen haben Frauen keine Rechte. Dagegen wehren sich Frauenbewegungen und Sozialdemokratie schon in der Ersten Republik, scheitern aber an der katholischen Kirche und den konservativen Parteien.
In den 1970er-Jahren protestieren Frauen erneut gegen das patriarchale Familienrecht. Aber es geht um mehr: Sie wollen über ihren Körper und ihr Leben selbst bestimmen dürfen und fordern einen legalen und sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. Es soll nicht nur die öffentlich sichtbare Lohnarbeit von Männern als „richtige Arbeit“ gelten, sondern auch die unbezahlte Hausarbeit, die Frauen tagtäglich leisten. Und sie fordern einen wirksamen Schutz vor Gewalt gegen Frauen. Wie genau die Veränderungen umgesetzt werden sollen, ist unklar: Die Vorschläge reichen von einer umfassenden „sexuellen, kulturellen und wirtschaftlichen Revolution“ bis hin zu Reformen innerhalb des bestehenden Systems.
Mit ihrem Protest üben die Frauen Druck auf die politischen Entscheidungsträger aus. Sie sind erfolgreich: 1975 beschließt die SPÖ-Alleinregierung die Familienrechtsreform. Frauen und Männer sind nun rechtlich gleichgestellt. Seither kann es der Ehemann seiner Frau nicht mehr verbieten, wenn sie einen Beruf ausüben oder einen Pass für ihre Kinder beantragen will. Heute eine Selbstverständlichkeit, die manche Männer nicht so hinnehmen wollen.
Auf TikTok wünschen sie sich Zeiten zurück, in denen Frauen das „Eigentum“ des Mannes waren. Frauen sollen „nicht zu laut“ sein, sie sollen nicht „alleine in den Club gehen“ und sich dem Mann unterordnen. Dort, wo toxische Männer ihre Meinung durchsetzen, wird es gefährlich für Frauen und ihre Rechte.
Julia Carrera
Käthe Kratz/Lisbeth N. Trallori (Hg.): Liebe, Macht und Abenteuer. Zur Geschichte der Neuen Frauenbewegung in Wien, Wien 2013.