Ein Spatz mit braun-weiß-schwarzem Gefieder sitzt auf einem kleinen Ast.  © Wikimedia, Hausspatz, 1731, Albin, Eleazar; Derham, W., CC-BY-2.0.

Der „Spatzen­krieg“

in Öster­reich

Von 1749 bis 1782 werden in Österreich Hunderttausende Spatzen gejagt. Wer keine Spatzenköpfe abgibt, muss Strafe zahlen. 

Schloss Weinberg in Oberösterreich, Frühjahr 1751:  350 Spatzen sind getötet worden, ihre Köpfe sollen als Beweis dafür nach Freistadt geliefert werden. Das Wetter ist aber gerade feucht und die Köpfe der toten Vögel verfaulen. Ungeziefer knabbert an ihnen und der Gestank ist unerträglich.

Es bleiben nur mehr Schnäbel und Knochen übrig und schließlich muss das Fass mit den Resten vernichtet werden. Das aber bringt den Bauern Probleme: Denn seit zwei Jahren muss jeder Untertan jährlich fünf Spatzenköpfe abgeben. Die Bauern können nun nicht liefern und sollen daher Strafe zahlen.

Wer keine Köpfe von toten Spatzen abgibt, muss Strafe zahlen. © Wikimedia, Skizzen eines toten Spatzen, 1853, Van Gogh.

Der Befehl zur Spatzentötung gilt nicht nur in Oberösterreich. Auch die Bewohner:innen von Niederösterreich werden zur Jagd auf die Spatzen gezwungen. In Preußen müssen die Untertanen schon seit 1744 jedes Jahr am 20. Mai Spatzenköpfe abliefern. Die abgegebenen Köpfe werden verbrannt.

Warum werden die kleinen Vögelchen verfolgt? In Kochbüchern gibt es zwar Rezepte mit Spatzen, doch satt machen sie nicht. Spatzen picken aber in den Feldern die heranreifenden Getreidekörner. Sie setzen sich auf die Halme und fressen ganze Äcker leer.  Deshalb sollen sie ausgerottet werden. Die Parole lautet: Krieg gegen die Spatzen!

Im Bergland brauchen die Untertanen nicht so viele Spatzen zu jagen, denn dort gibt es weniger Felder. Es reicht, wenn die Menschen jährlich drei und nicht wie sonst fünf Spatzen abliefern. Belohnung gibt es dafür aber keine. Die Strafe für jeden zu wenig abgelieferten Spatz: Ein Kreuzer. Für dieses Geld kann man damals ein halbes Kilo Brot kaufen.  Das Gesetz zur Ausrottung der Spatzen wird genau kontrolliert: Im Jahr 1750 werden in Steyr exakt 1034 tote Vögel gezählt. Sie werden in Papier verpackt, mit einem Stein zusammengebunden und in die Enns geworfen.

Die Jagd auf die Tiere nimmt enorme Ausmaße an. In Niederösterreich werden alleine im Jahr 1769 über 270.000 Spatzenköpfe abgeliefert. Und im berühmten “Kefermarkter Flügelaltar” aus Oberösterreich befinden sich heute Einschusslöcher – die wahrscheinlich von Schrotkugeln stammen, mit denen im 18. Jahrhundert auf dort nistende Vögel geschossen wurde. 

Bei der Spatzenjagd wird nicht einmal vor dem Kefermarkter Flügelaltar haltgemacht. Deshalb hat er heute Einschusslöcher. © Wikimedia, Kefermarkter Flügelaltar, Uoaei1, CC-BY-SA-4.0.

Ist das alles sinnvoll? Der Schutz des Getreides ist für die Ernährung der Bevölkerung sicher wichtig. Für die Untertanen ist die Jagd auf die Spatzen aber zeitaufwändig und lästig. Erst langsam bemerken die Menschen, dass die Vögel nicht nur schädlich sind, sondern selbst auch Ungeziefer vertilgen. Auf diese Weise schützen Spatzen die Ernte vor Insektenbefall. 1782 befiehlt Kaiser Joseph II. daher: „Die Spatzenköpfe dürfen nicht mehr eingeliefert werden“. Der Spatzenkrieg ist zu Ende. 

Zeitstrahl 1775 © wasbishergeschah.at

Weiterführend:

Niederösterreichisches Landesarchiv, Maria Theresianische Verwaltung, Hofresolutionen in publicis, Karton 125, Oktober 1769, N:16 Fasc 70; Karton 131, September 1770, N:41 Fasc 70.