Das Foto zeigt einen Wald mit grünen Laubbäumen. Im Vordergrund ist der Boden schattig. Im Hintergrund sind die Bäume von der Sonne beschienen und der blaue Himmel ist hinter über den Baumwipfeln zu sehen.  © Wikimedia, Haeferl, Dunkelsteinerwald, CC-BY-SA-4.0.

Der „Todeswald

von Pummersdorf“

In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wird ein Wald in Niederösterreich vermint. Der Krieg endet, die Minen bleiben. Bis 1949 haben sie bereits 23 Menschen getötet. 

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Der Dunkelsteiner Wald bei Pummersdorf, Juli 1949: Der staatliche Entminungsdienst soll ein besonders gefährliches Minenfeld räumen. Die Truppe geht mit modernem Gerät und großer Vorsicht vor. Erst im Vorjahr ist ein Mann beim Versuch gestorben, die Minen zu beseitigen.

Die Truppe kommt nun aber gut voran. Der Sprengmeister will das bereits entminte Gebiet abstecken. Dabei stolpert er im Gestrüpp über einen dürren Ast. Um nicht hinzufallen, macht er einen Ausfallschritt – zu weit, denn mit der Schuhspitze stößt er auf eine Sprengmine. Sie explodiert, tötet ihn und zwei seiner Mitarbeiter.

Landminen gehören zu den brutalsten Formen der Kriegsführung. Sie töten oft noch Jahrzehnte später. Sie machen Dörfer unbewohnbar, Erholungsgebiete unzugänglich und Feldarbeit lebensgefährlich. Zu den weltweit am stärksten verminten Gebieten gehört heute die Ukraine – bereits 2023 betrifft das eine Fläche, die doppelt so groß wie Österreich ist.

Ein Fluch auf viele Jahre

Mitte April 1945 hat die Rote Armee bereits Wien und den niederösterreichischen Zentralraum um St. Pölten befreit. Die nationalsozialistischen Streitkräfte ziehen sich nach Westen zu den Ausläufern des Dunkelsteinerwaldes zurück. Als sie auch hier ihre Stellungen aufgeben müssen, verminen sie den Wald und die Straße, die durch ihn führt. Militärisch ist das bereits völlig sinnlos, richtet aber nachhaltige Zerstörung an

Immer wieder kommen von nun an Menschen ums Leben, die das Gebiet betreten, ohne von den Minenfeldern zu wissen.

Im August 1946 warnt eine regionale Zeitung vor den Sprengkörpern, die überall herumliegen. Der Anlass: Es hat viel geregnet und im Wald einen „Schwammerlsegen“ hervorgebracht. Auch viele Menschen aus der Stadt sind hier nun unterwegs. Sie kennen das Gebiet schlechter als die lokale Bevölkerung und sind daher besonders gefährdet. Die Pilzsuche ist damals aber kein Freizeitvergnügen, sondern die Menschen suchen verzweifelt Nahrung. Die Versorgungslage ist so schlecht, dass im Frühjahr ein Beobachter aus den USA über die Österreicher:innen festgestellt hat: Sie zählen „zu jenen Völkern der Welt, die dem Hungertod am nächsten sind“.

Heute erinnert eine Gedenktafel in einer Kapelle an die Opfer der Landminen. © Doris Hössinger, Gedenktafel in der Kapelle Maria Bildbuche, Dunkelsteinerwald.

In Österreich tauchen auch 80 Jahre nach Kriegsende noch immer vereinzelt Bomben, Munition oder Sprengkörper aus dem Zweiten Weltkrieg auf, aber eine viel größere Bedrohung sind sie andernorts: In Bosnien liegt der Krieg zwar schon fast drei Jahrzehnte zurück, doch immer noch sind riesige Gebiete von Landminen verseucht. Seit Kriegsende haben sie fast 1800 Menschen getötet. In der Ukraine dauert der Krieg noch an – auch dort werden die Minen noch unzählige Menschen umbringen.

In Österreich liegen heute kaum noch Bomben aus dem Krieg. In etlichen Ländern dagegen sind Landminen auch heute noch eine große Gefahr für die Bevölkerung. © Wikimedia, Neil Rickards, entschärfte Landminen im Museum in Cambodia, CC-BY-2.0.

Doris Hössinger

 

Der Beitrag wurde im Rahmen eines Seminars im Masterstudium „Zeitgeschichte und Medien“ an der Universität Wien erarbeitet.

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