17. Februar 1948, Bad Hofgastein: Der Spediteur Karl Herber ist auf Urlaub im Kurhaus „Sonnhof“. Er möchte sich etwas Ruhe gönnen. Der Tag beginnt genauso gelassen wie sonst auch. Aber heute endet der Urlaub abrupt: Plötzlich steht die Polizei im Hotel und verhaftet ihn. Wenig später sitzt er am Volksgericht in Linz in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Karl Herber hat im Nationalsozialismus den Raub von Wohnungseinrichtungen jüdischer Wiener:innen geleitet. Das Gericht wirft ihm Bereicherung vor.
Ungefähr hundert Speditionen beteiligen sich an diesem Raub. Sie melden, welches Umzugsgut vertriebenen Juden und Jüdinnen gehört. Dann beschlagnahmt die VUGESTA die Gegenstände. Sie übernimmt die Kosten für Lager und Transport. Die Gegenstände verkaufen die Verantwortlichen auf Auktionen im Dorotheum oder sie organisieren Verkaufstage im Prater und in der Messehalle. Die Einnahmen aus der Versteigerung gehen an den NS-Staat, die Objekte an die Bevölkerung. Beide Seiten profitieren. Dieses Fest der Beraubung lässt auch genug Spielraum für Korruption: Die NS-Funktionäre und ihr Umfeld stecken vieles gleich selbst ein.
1941 beginnen die systematischen Deportationen aus Wien. Es geht nun nicht mehr um die Vertreibung, sondern nur noch um die Vernichtung jüdischer Menschen. Ihr verbliebener Besitz soll vollständig dem NS-Staat zufließen. Neuerlich wird eine eigene Organisation geschaffen: Die VUGESTA gründet die Möbelverwertungsstelle Krummbaumgasse. Ihre Aufgabe ist es, den Besitz der Deportierten zu verkaufen. Auch dafür braucht es wieder die Hilfe der Speditionen. Im Jahr 1948 steht Karl Herber vor Gericht. Er behauptet, dass er nur im Interesse der Speditionen gehandelt hat. 1951 wird er freigesprochen.
Julian Stricker-Neumayer
Clemens Jabloner, Brigitte Bailer-Galanda, Eva Blimlinger, Georg Graf, Robert Knight, Lorenz Mikoletzky, Bertrand Perz, Roman Sandgruber, Karl Stuhlpfarrer, Alice Teichova (Hrsg.), Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit und Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, Band 15, „Arisierung“ von Mobilien, Wien/München 2004.